Ein leichter Schauder überläuft einen schon angesichts der Sühnekreuze. Nicht zu Unrecht. Denn die wuchtigen Steinsetzungen aus dem Mittelalter weisen oft auf Kapitalverbrechen hin. Um was es genau ging, ist vor Ort aber selten zu erfahren. Auch bei den beiden Sandsteinkreuzen in der Dreieichenhainer Gemarkung „Im Haag“ bleiben die Hintergründe der Tat im Dunkeln.
Sühnekreuze umgibt auch heute noch ein Hauch des Geheimnisvollen. Sie tauchten im Hochmittelalter an vielen Orten auf. Weshalb sie über zwei Jahrhunderte so „beliebt“ waren, welche Kraft ihnen zugesprochen wurde, woher der Brauch kam, das ist nicht recht nachvollziehbar. Und genauso wenig, weshalb nach der Reformation nur noch sehr selten diese mal einfach nur klobigen, mal durchaus kunstvoll gestalten Gedenksteine in die Landschaft gesetzt wurden.
Relativ unumstritten ist, was den Kern des Sühneaktes ausmacht. Der Täter, meist handelte es sich um Mord oder Totschlag, verpflichtete sich zur Sühne gegenüber den Angehörigen des Opfers. Zum Teil wurden regelrechte Verträge aufgesetzt. Darin ging es um Geldzahlungen an Hinterbliebene (und die Kirche), aber auch um das Wie und Wo eines Sühnekreuzes. Ein zentraler Gedanke dabei: Das Opfer war gewissermaßen „gottlos“ gestorben – kein Geistlicher hatte ihm die Sterbesakramente gespendet. Um das zu „heilen“, errichtete man ein ihm gewidmetes Kreuz. Allerdings, und das erscheint schon sonderbar, ist an den Steinen praktisch nie ein klarer Bezug zu Tat, Täter und Opfer hinterlassen.
Unklar bleibt auch, weshalb die Steine oft an markante Wegkreuzungen platziert wurden – schließlich wurden Morde im Mittelalter ja nicht vorzugsweise auf Überlandwegen verübt. Aber vielleicht, weil dort viele Menschen vorbei kamen und die Steine der Abschreckung dienten? Oder vielleicht, um die Seelen der Toten an einen Ort außerhalb der Gemeinden zu bannen? Wesentlich einfacher zu deuten ist, warum nach 1530 kaum noch Kreuze aufgestellt wurden: Der Brauch beschränkte sich auf katholische Gebiete, ging aber auch dort mehr und mehr zurück.
Oftmals sind Sühnesteine heute nur noch von Fachleuten zu entdecken. Außer den Setzungen auf freiem Feld gibt es auch die Variante, sie in Kirchenwände einzulassen. Mitunter wurden auch vorhandene Steine aus der Gemarkung nachträglich beim Neubau von Gotteshäusern verwendet. Oder sie wurden im Laufe der Jahrhunderte schlicht und einfach zerstört. So sind von den ehedem drei Sühnekreuzen im Haag nur noch zwei vorhanden.
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