Villenkolonie Dreieich-Buchschlag

Villenkolonie Dreieich-Buchschlag

Alte Frankfurter erinnern sich noch gut an Zeiten, als „zum Latscha“ gehen einfach nur Synonym war für: Wir gehen einkaufen. Doch Jakob Latscha war nicht nur Kaufmann mit einer florierenden Supermarktkette (so würde man das jedenfalls heute bezeichnen). Er hatte auch sozialreformerische Ambitionen.

Der Hintergrund: Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war geprägt von einer bald alles umfassenden Industrialisierung. Die Menschenmassen drängten in die Städte – Arbeit gab es hauptsächlich in den neu entstehenden Fabriken. Doch die Lebensumstände waren schlecht, zum Teil grauenhaft. In den Städten wurde es eng. Das bekamen auch die Bessergestellten am eigenen Leib zu spüren. Anders als die Arbeiter aber konnten sie sich die Stadtflucht leisten.

Beginnend in England, griff die so genannte Gartenstadtbewegung zusehends auch in Deutschland um sich. Zunächst nur als zeitweise Landpartie, zog es immer mehr Begüterte hinaus in die freie, unverfälschte, vor allem aber saubere und gesunde Natur. Latscha hatte sich für sein Projekt den Forst zwischen Neu-Isenburg und Sprendlingen auserkoren. Ein Grund dafür war die günstige Lage an der Bahnlinie. Der Vertrag mit dem Landbesitzer, dem Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, war schnell geschlossen. Auch der fand die Sache mit einer Kolonie im Wald höchst förderungswürdig. Am 1. Juli 1904 unterzeichneten die beiden Parteien das Schriftstück.Danach allerdings war man, so beschreibt es der Geschichtsverein Buchschlag, nicht immer einer Meinung.

Während Latscha durchaus auch kleineren Leuten das glückliche Landleben erschwinglich machen wollte, verfolgte der Großherzog höher fliegende Pläne. Er wollte sich ein Baudenkmal setzen – Jugendstil allein in seiner Residenzstadt reichte ihm offenkundig nicht. So setzte er kunstsinnige Baumeister und Handwerker aus Darmstadt auf das Vorhaben an. Den endgültigen Bebauungsplan lieferte Architekt Friedrich Pützer. Mit dem Resultat, dass aus Latschas Häuschen Villen wurden.

Architektonisch geriet das dann sehr reizvoll: Durch relativ strenge Vorschriften war nicht nur die Gliederung der Siedlung vorgegeben. Weitläufige öffentliche Flächen und großzügige Gärten bestimmen ja heute noch den einerseits heiter-entspannten, andererseits aber auch privat-verschlossenen Charakter der Siedlung. Hinzu kamen Vorgaben für Dachformen, Fenster und Türen. Ebenfalls zum geschlossenen Bild tragen Vorschriften zur Wahl von Baumaterialien und Farben bei.

Im Jahr 1913 hatten sich bereits 600 Menschen in Buschschlag niedergelassen. Heute zählt der kleinste Dreieicher Stadtteil 3000 Einwohner. Nie dort gelebt hat indes Jakob Latscha. Er hatte sich, frustriert vom Zwist mit dem Großherzog, von dem Projekt zurückgezogen.

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